BRC106: Wie wachsen Kinder und Jugendliche in einer mediatisierten Welt auf? Kristina Kobrow: Wie verändert sich die Mediennutzung bei Kindern im Alter von 6 bis 15 Jahren? Mit welchen Motiven nutzen Kinder Medien? Und wie wirken sich ihre Mediengewohnheiten auf ihre sozialen Beziehungen aus? Mit diesen Fragen hat sich das Langzeitprojekt „Connected Kids“ beschäftigt. Und die Antworten, die finden sich in einem Abschlussbericht, über den ich heute sprechen darf, zum einen mit den beiden Projektleitenden Dr. Claudia Lampert vom HBI und Prof. Dr. Rudolf Kammerl von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und zum anderen mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. Katrin Potzel, ebenfalls FAU Erlangen-Nürnberg. Jingle BredowCast Wir erforschen was mit Medien. Kristina Kobrow: Ihr Lieben, schön, dass ihr da seid heute im BredowCast, herzlich willkommen. Wir sprechen heute über das Projekt Connected Kids und ich möchte gleich zum Anfang fragen, was heißt denn Connected Kids eigentlich, Claudia? Claudia Lampert: Connected Kids ist erstmal eine Abkürzung, die wir gefunden haben, rein aus pragmatischen Gründen, weil wir mit einem Projekt gestartet sind, das den Titel hatte „Sozialisation in einer sich wandelnden Medienumgebung“ und wir Familien gesucht haben, die an dem Projekt mitmachen wollten und wir den Eindruck hatten, mit dem Titel kommen wir nicht an die Familien ran. Und dann haben wir uns überlegt, was ist eigentlich der Kern, den wir untersuchen wollen und es ging uns sehr stark um die kommunikative Beziehung in Familien und da ist dann der Begriff Connected Kids entstanden, der zum Ausdruck bringen sollte, dass Kinder heutzutage über diverse digitale Medien vernetzt sind mit anderen, mit Eltern, Freunden, MitschülerInnen und ja, dann haben wir das als Projekttitel gewählt und sind dann gestartet und haben Familien gesucht, die Lust hatten, dann an diesem Projekt teilzunehmen. Kristina Kobrow: Und was meint ihr konkret mit Medien? Also du hast den Obertitel ja quasi oder den Untertitel schon genannt, also Sozialisation in sich wandelnden Medienumgebungen. Du hattest auch gesagt, es geht um digitale Medien. Um was konkret? Claudia Lampert: Also es ging nicht nur um digitale Medien, sondern wir haben uns schon das breite Medienrepertoire von Kindern und Jugendlichen angesehen und da fällt halt alles drunter, also Printmedien, Bücher, Zeitschriften, aber eben auch verschiedene Geräte, Fernseher, Computer, Internet und was man eben auch dann gesehen hat, zunehmend dann auch nicht nur Geräte, sondern auch verschiedene Anwendungen, Social Media Angebote, Apps etc. Also ein sehr breiter Medienbegriff, der auch sehr stark davon ausgeht, was Kinder eigentlich nutzen, um sich mit anderen zu vernetzen und wie sie sich ihre Welt aneignen. Kristina Kobrow: Wir wollen heute sprechen auch über den Abschlussbericht, der jetzt gerade erschienen ist. Man muss dazu sagen, ihr habt sehr, sehr lange an diesem Projekt geforscht. Also es ist jetzt sieben Jahre her, 2018 war es, dass ihr angefangen habt. Das heißt, es ist ein Langzeitprojekt und ihr habt nicht nur dieses Buch veröffentlicht, sondern auch noch einen ersten Band veröffentlicht. Katrin, worum ging es denn da genau? Katrin Potzel: Genau, also in dem ersten Band, der ja auch mit Untertitel heißt „Zur Rolle der kommunikativen Figuration Familie“, haben wir uns eben, wie der Titel schon verrät, mit der Familie vor allem beschäftigt und dort mit Aushandlungsprozessen rund um Medien, um Medienerziehung, die in allen Familien irgendwie ein Thema darstellen, aber natürlich in ganz unterschiedlichem Ausmaß und mit ganz unterschiedlichen Konflikten. Es gibt vor allem eine Konzentration auf zeitliche Aspekte, also wie lange darf denn mein Kind jetzt eigentlich Medien nutzen und wann ist zu viel, wann ist es okay. Andere Aspekte werden dagegen weniger irgendwie betrachtet. Und was auch ein ganz wichtiger Punkt im ersten Buch war, war natürlich in der älteren Kohorte auch das eigene Smartphone als so ganz wichtiger Übergang, nicht nur im Leben, sondern eben auch in der Kommunikation mit anderen, mit anderen Personen und sozialen Domänen. Und andere soziale Domänen sind eben oder werden eben im Laufe des Lebens auch für die Kinder und Jugendlichen wichtiger. Und das ist auch schon so ein bisschen der Punkt, an dem dann unsere zweite Projektphase eigentlich ansetzt. Kristina Kobrow: Da frage ich dich, Rudolf, gleich noch zu. Ich würde aber gerne noch fragen, auch wenn ich das am Anfang schon gesagt habe, der Altershorizont erstreckt sich ja von sechs bis 15 ungefähr. 15 waren die Kinder nun am Anfang natürlich noch nicht. Also wenn du von Kindern sprichst, Katrin, und du hast auch gesagt, eine Kohorte und dann gab es noch eine zweite Kohorte. Kannst du da noch mal ins Detail gehen, wie alt die Kinder waren, die ihr befragt habt? Katrin Potzel: Ja, gerne. Also am Anfang sind wir mit einem Panel von 32 Familien gestartet. Das heißt, wir haben uns 32 Familien in den Großräumen Hamburg und Nürnberg gesucht, mit Kindern einmal, die gerade den Übergang in die Grundschule hinter sich hatten. Also sie wurden gerade eingeschult. Das heißt, sie waren ungefähr sechs Jahre alt. Und in der älteren Kohorte eben, also dieses Zwei-Kohorten-Design, waren die gerade ungefähr zehn Jahre alt. Also kurz nach dem Übergang auf die weiterführende Schule. Und die Familien haben wir dann eben über die Zeit mehrfach besucht. Deswegen Panel. Kristina Kobrow: Und dann ging es weiter. Also das Projekt ging weiter. Es ging an die nächste Publikation, an das nächste Buch. Rudolf, was war da das Erkenntnisinteresse? Ging es da quasi weiter? Und ihr habt jetzt geschaut, jetzt sind die Kinder älter geworden, was verändert sich in deren Mediensozialisation und in den Beziehungen? Oder was habt ihr da genau erforscht? Rudolf Kammerl: Genau. Also zum einen haben wir quasi durch den weiteren Werdegang die Möglichkeit gehabt, die Kohorten nochmal auch gut zu vergleichen, weil die jüngere Kohorte dann das Alter erreicht hatte der damals älteren Kohorte in der ersten Förderphase. Also ungefähr zehn Jahre. Genau. Was hat sich da jetzt verändert im Kohortenvergleich? Und da hat uns natürlich eben interessiert auch einerseits, wie verändert sich das Medienrepertoire eben über die Kohorten hinweg, aber eben auch im Vergleich. Also nutzen die Jugendlichen, die Kinder andere Medien? Was kommt jetzt tatsächlich im weiteren Verlauf dazu? Und was uns aus dieser sozialisatorischen Perspektive besonders interessiert, ist die Frage, also wie steht es eben in Beziehung zu diesen unterschiedlichen sozialen Gruppen, also zu den Peers, aber auch zur Schulgemeinschaft beispielsweise. Und damit verbunden eben auch die Frage, verändern sich da eben eventuell dann irgendwelche Entwicklungsaufgaben? Gibt es da irgendwie besondere Konsequenzen? Also was diese Vergesellschaftung in diesen Bereichen betrifft. Kristina Kobrow: Und was verändert sich da? Also was sind denn eure zentralen Ergebnisse? Vielleicht von jedem ein Ergebnis. Claudia Lampert: Also was schon auffällig ist und das wurde eben auch schon so ein bisschen angedeutet, ist, dass sich das Medienrepertoire ja mit zunehmendem Alter verändert. Und wir konnten jetzt eben auch durch den Vergleich mit den beiden Kohorten auch nochmal sehen, dass sich da so eine Verfrühungstendenz oder Verjüngungstendenz dahingehend abzeichnet, dass Kinder immer früher mit bestimmten digitalen Angeboten in Berührung kommen. Also so das Alter von 10 ist eigentlich immer noch so eine Altersgrenze, ab der die Kinder und Jugendlichen dann ein Smartphone bekommen, weil sie dann auf die weiterführende Schule gehen. Aber wir sehen da eben auch schon, dass sich da auch die Altersgrenze nach unten verschiebt. Das wurde auch schon in anderen Studien festgestellt, aber das konnten wir eben hier auch nochmal sehr schön sehen. Und im Gegensatz zu den anderen Studien konnten wir eben da auch sehen, wie sich dadurch auch die Kommunikation dann in der Familie verändert. Kristina Kobrow: Und bei dir, Katrin? Katrin Potzel: Genau, an der Stelle würde ich eigentlich gleich gerne einsteigen wollen, weil nicht nur in der Familie verändert sich ja dann die Kommunikation, sondern natürlich auch mit den Peers. Und das ist, finde ich, auch ein ganz zentrales Ergebnis der zweiten Projektphase, dass eben die Rolle der Peers viel mehr zunimmt, also dass FreundInnen und Freundschaften einfach viel bedeutsamer werden und auch so eine fast schon permanente Online-Kommunikation stattfindet. Also es ist irgendwie ein Anspruch von den anderen Kindern einfach da, dass die jeweiligen Kinder permanent online irgendwie erreichbar sind, sei es via Messenger, WhatsApp oder so, aber auch dann später via anderer sozialer Medien wie Instagram oder TikTok, dass da permanent irgendwie ein Austausch auch stattfindet und da auch neue kommunikative Praktiken und Medienpraktiken einfach stattfinden, die dann gemeinsam mit den Peers ausgeübt werden. Kristina Kobrow: Und mit Peers jetzt nochmal nachgefragt, meinst du tatsächlich die Freundschaften oder die Gleichaltrigen? Katrin Potzel: Genau, die, die Gleichaltrigen, die meinen wir damit. Rudolf Kammerl: Genau, das schließt eben die Klassengemeinschaft ein, aber natürlich auch dann die Clique, der Freundeskreis, das wäre bei den Peers zu berücksichtigen. Und diese Verortung innerhalb der Peer-Group, also auch das Aushandeln von Zugehörigkeit und Abgrenzung oder die Entwicklung dann mit reiferen Beziehungen zu gegengeschlechtlichen Kontakten, beispielsweise in der Pubertät, das ist eine Entwicklungsaufgabe, die sich ja schon immer gestellt hat, aber die stellt sich jetzt durch digitale Kommunikation nochmal ganz anders dar, nämlich, wie die Katrin auch schon gesagt hat, eigentlich permanent. Also ich habe dauernd eigentlich die Peers um mich und erlebe da tatsächlich auch eine Kommunikationsaufforderung und das führt eben in gewisser Weise einerseits zum Druck, hier teilzunehmen, aber natürlich auch zum Wunsch, tatsächlich eben erreichbar zu sein und wahrgenommen zu werden. Und dadurch verändert sich diese Entwicklungsaufgabe. Und das ist eben ein dritter wichtiger Bereich, dass wir sehen und sagen können, also da verändern sich diese Entwicklungsaufgaben. Also jetzt eben an dem Beispiel der Peers und diese Bearbeitung, diese Entwicklungsaufgaben gehen auch stark einher mit der Aufgabe, wirklich hier Medienkompetenz zu entwickeln. Und zwar nicht nur natürlich jetzt instrumentelle Fertigkeiten, sondern auch wirklich so eine reflexive Verortung. Also wie stark möchte ich mich auf diese Erwartungshaltung einlassen? Wie stark bin ich verfügbar? Muss ich tatsächlich permanent erreichbar sein oder kann ich mich da auch ganz bewusst mal zurückhalten? Gelingt es mir, in Metakommunikation mit Freunden klarzumachen, dass ich dennoch dein bester Freund bin, auch wenn ich nicht permanent erreichbar bin? Also das sind neue Aufgabenstellungen, die sich da stellen. Und die hängen auch ganz stark mit der Medienkompetenz zusammen. Kristina Kobrow: Aber wer ist dafür dann verantwortlich? Also wenn du sagst, es geht nicht nur um, du hast es, glaube ich, instrumentelle Lernen eben genannt, sondern um mehr. Wir sprechen ja trotzdem noch von Kindern und von Jugendlichen. Also die, die vielleicht nicht noch die reflexive Fähigkeit oder noch nicht dieses Reflexionsvermögen haben, was wir jetzt eben haben. Sind es dann die Eltern immer noch oder sind es dann eigentlich die Lehrkräfte? Oder ist es noch jemand ganz anderes? Rudolf Kammerl: Genau, das ist natürlich jetzt eine Bewertungs- oder Interpretationssache. Das eine ist in der Regel erstmal die Beschreibung der Ergebnisse, die wir so feststellen. Und die Frage nach der Verantwortung oder der Konsequenzen geht ja schon darüber hinaus. Und ich würde sagen, alle, die du genannt hast und vielleicht sogar noch mehr, auch die Anbieter, würde ich da tatsächlich mit in Verantwortung setzen. Da kommen wir sicherlich auch noch drauf. Aber das ergibt sich tatsächlich eben für unterschiedliche Player, also hier Handlungsanforderungen. Und klar, wir haben in unserer Stichprobe gesehen, dass dieser familiäre Hintergrund auf alle Fälle eine Rolle spielt. Dass man da schon sagen kann, dass der Bildungshintergrund der Eltern oder das Interesse dafür bedeutsam ist. Aber auch die anderen, die du genannt hast, die können, wenn es jetzt um den Transfer und die Frage geht, wie man jetzt mit den Ergebnissen umgeht, natürlich sind da adressiert. Also wie schafft man es tatsächlich dann von Seiten der Gesellschaft, hier Enkulturationshilfe zu leisten, Reflexionsanlässe dann auch anzubieten, aber auch eben den Rahmen zu setzen. Also was kann man dann von den Anbietern zum Beispiel erwarten? Diese Plattformen, sind die auch mitverantwortlich? Das ist, glaube ich, jetzt dann eher so eine Frage, wie man mit solchen Ergebnissen umgeht. Kristina Kobrow: Und nochmal direkt nachgefragt: Was kann man denn von den Anbietern erwarten? Rudolf Kammerl: Ja, also die Anbieter selber haben ja eigentlich jetzt schon zum Beispiel Altersbeschränkungen festgelegt in ihren allgemeinen Benutzungsbedingungen. Kristina Kobrow: Von welchen Anbietern sprichst du jetzt? Rudolf Kammerl: Ja, jetzt zum Beispiel von Social Media. Wenn wir jetzt sprechen von Instagram zum Beispiel oder auch WhatsApp oder dergleichen, die haben ja eigentlich immer schon Vorgaben drin. Und meistens sind es eigentlich so, dass sie quasi unter 14-Jährigen ja eigentlich das gar nicht gestatten, dass sie diese Plattform nutzen. Aber tatsächlich sind noch Jüngere tatsächlich schon auf diesen Social Media Plattformen unterwegs. Und Anbieter können das auch unschwer erkennen. Also gerade auch, wenn wir eben jetzt von Instagram als Beispiel sprechen, also dann kann man durchaus sich einen Eindruck verschaffen, auch mit Hilfe von Mustererkennung, dass es offenbar um jüngere Kinder geht, die da tatsächlich im Mittelpunkt stehen. Und da kann man natürlich hinschauen, oder man kann wegschauen. Und die Frage ist jetzt tatsächlich, also was erwarten wir aus Gesellschaft von solchen Anbietern, inwiefern die halt einerseits selber gucken, dass eben vielleicht jetzt eine Kommunikation über Social Media in dieser Altersgruppe nicht ausufernd wird oder inwiefern die sich zum Beispiel Gedanken machen um Datenschutz, speziell bei dieser vulnerablen Gruppe oder was eben dann Kontakte mit Personen betrifft, die sich vielleicht gar nicht gut meinen mit dieser Gruppe und sowas. Also da gibt es ja ganz verschiedene Problembereiche. Und da kann man tatsächlich durchaus natürlich die Anbieter noch stärker in die Pflicht nehmen und das einfordern zum Beispiel. Kristina Kobrow: Kommen wir nochmal weg von den Anbietern, vielleicht eher zu der Familie nochmal hin, zu dem Familiengefüge. Also jetzt sind wir ja schon viel bei den älteren Kindern gewesen oder so habe ich es zumindest gelesen, also die 14-Jährigen bei der Altersbegrenzung. Wie ist das aber bei den Jüngeren, wenn ich jetzt auch denke, vielleicht haben Sechsjährige oder so vielleicht in der Familie einfach ein Familienhandy. Ist das so oder ist es tatsächlich nur meine vielleicht auch Wunschvorstellung, dass die Eltern das quasi dann stärker regulieren, was die Kinder eigentlich tun können damit? Katrin Potzel: Also vor allem bei den sehr jungen Kindern, die wir mit sechs Jahren, sieben Jahren befragt haben, da gibt es schon oft das Phänomen, dass es zum Beispiel so ein Familientablet oder sowas gibt, dass dann Kinder gemeinsam nutzen dürfen oder auch gemeinsam mit Geschwisterkindern oder gemeinsam mit Eltern, wo dann vielleicht auch unterschiedliche Benutzerkonten angelegt sind, sodass man das so ein bisschen regulieren kann. Was darf denn da auf dem Benutzerkonto gemacht werden und welche App ist hier installiert und welche vielleicht da eben gerade nicht. Aber mit zunehmendem Alter differenziert sich das natürlich aus. Also das hatte Claudia vorhin schon gesagt, also der Übergang auf die weiterführende Schule ist eigentlich bei einem Großteil der Familien der Punkt, wo dann eigene Smartphones angeschafft werden für Kinder. Auch da gibt es natürlich nochmal Regulierungsmöglichkeiten, auch technische Regulierungsmöglichkeiten, die dann über die Betriebssysteme zum Beispiel laufen, aber auch über spezielle Apps. Aber ganz am Anfang sieht man das schon, dass es so gemeinsame Geräte gibt einfach. Claudia Lampert: Und das Spannende ist tatsächlich an dem Projekt, dass wir da wirklich über diesen langen Zeitraum nachzeichnen können, wie sich die Relevanz und auch die Funktion dieser Medien gewandelt hat. Also weil wir abgefragt haben, welches Medium ist für dich relevant? Und das haben die Kinder dann auf so einer Karte verortet und haben auch angegeben, mit wem sie dieses Medium bevorzugt nutzen. Und da kann man sehr schön sehen, wenn man dann diese verschiedenen Kartierungen nebeneinander legt über diese vier Erhebungswellen hinweg, wie sich so die Relevanzzuschreibungen verändern und auch die Akteurskonstellation, also mit wem dann die Kommunikation über ein Smartphone beispielsweise dann vermehrt stattfindet. Und das ist wirklich spannend zu beobachten. Und das war ja auch so die Idee bei dem Projekt, wie sich so die Kommunikation in der Familie verschiebt oder öffnet in dem Moment, wo Kinder dann in anderen sozialen Domänen aktiv sind, also Grundschule oder weiterführende Schule. Und das ist wirklich eher so zu verstehen, wie Rudolf das vorhin sagte, wie eine Bestandsaufnahme oder Beobachtung. Was passiert da eigentlich gerade? Und an welchen Stellen müssen wir jetzt auch mitunter tätig werden oder eben auch Kinder und Jugendliche unterstützen? Und ich glaube, in dem Auflösungsgrad war das bisher noch nicht so präsent, also was da eigentlich genau passiert. Wir haben natürlich ja sonst auch Basisdaten zur Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen und sehen, dass sie mehr Smartphones nutzen und so weiter. Aber genau diese Feinbeobachtung, wie sich dadurch die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben ändert oder die Kommunikation mit Peers oder was uns auch interessiert, also inwieweit lösen sich die Kinder zunehmend auch von den Eltern ab über die Nutzung bestimmter Medien oder anderer Medien. Weil mit den Freunden nutzen sie andere Medien als mit den Eltern. Das waren für uns so diese zentralen Beobachtungen und auch das Faszinierende an dem Projekt oder der Möglichkeit, diese Familien über so einen langen Zeitraum beobachten zu können. Kristina Kobrow: Und kannst du da nochmal vielleicht ein bisschen mehr zu sagen zu den Familien und zu den Peers? Also du hast ja eben gesagt, die Kinder nutzen andere Kanäle, andere Medien in der Familie als eben mit Gleichaltrigen zum Beispiel. Inwiefern? Claudia Lampert: Naja, das ist ja schon ganz spannend zu sehen, dass es am Anfang eben so ist, wie Katrin beschrieben hat. Man nutzt gemeinsam das Tablet, mitunter eben auch Bildtelefonie, Videotelefonie, um mit den Großeltern dann mal zu telefonieren. Das machen die Kleinen ja auch schon so. Und es werden bestimmte Medien oder auch Anwendungen genutzt für die Kommunikation innerhalb der Familie. Dann gibt es eine WhatsApp-Familiengruppe und so weiter. Und wenn dann die Freunde dazukommen, dann werden mitunter andere Kanäle gesucht. Vielleicht auch eben solche, wo die Eltern keinen Zugriff drauf haben und nicht noch mitbeobachten können, wie lange man eigentlich gerade online ist oder ob man online ist oder erreichbar ist oder nicht oder was man da sonst so tut. Sondern die Heranwachsenden suchen sich halt eben schon auch ihre Plattformen und Kommunikationskanäle, über die sie sich dann austauschen und vernetzen. Also auch Stichwort Social Media Plattform beispielsweise. Katrin Potzel: Und das verändert sich natürlich auch über die Zeit hinweg. Also dass zum Beispiel am Anfang auch mit den Peers WhatsApp genutzt wird für die Klassengruppe, aber auch eben mit der Familie, für die Familiengruppe zum Beispiel. Und dann, wenn zum Beispiel noch neue Apps dazukommen, die Kinder und Jugendliche nutzen dürfen, sowas wie Instagram, dann wird klar, das wollen die vielleicht gar nicht, dass ihre Eltern damit Blick drauf haben. Sondern dann wird das eher für die Kommunikation mit den Peers genutzt. Oder auch, es wird ein zweites Konto zum Beispiel angelegt. Da hatten wir auch mehrere Fälle drin, dass die Jugendlichen dann gesagt haben, ich habe jetzt einen Instagram-Account und dem einen folgt auch meine Mama. Aber eigentlich poste ich da gar nichts mehr, sondern dann auf einem zweiten Instagram-Account, dem dann wirklich nur noch meine FreundInnen folgen dürfen. Und der dann auch für die bestimmt ist einfach. Und ich möchte das gar nicht, dass das alle mitbekommen, was ich dann auf diesem zweiten Instagram-Kanal dann auch poste. Kristina Kobrow: Das heißt, da kommt es sicherlich dann auch auf die Medienkompetenz der Eltern drauf an. So, dass manche Eltern wahrscheinlich eher da hinterher sind und prüfen, hat mein Kind vielleicht noch einen zweiten Account und sich da irgendwie Wege suchen, das herauszufinden und manche vielleicht nicht. Und da würde ich gerne auch nochmal einsteigen. Wie waren die Familiengefüge? Waren das immer Eltern und mehrere Kinder oder wie sah das aus? Und gab es da auch spezifische Unterschiede in der Mediensozialisation, die ihr beobachten konntet? Rudolf Kammerl: Ja, ich steige mal ein. Also ein zentraler Punkt für das Sampling war bei uns, dass wir Familien haben wollten, die unter einem Punkt in zwei Gruppen vielleicht ein bisschen zugeordnet werden können, nämlich bezogen auf die Medienaffinität bzw. eben die Aversion dazu. Also wir haben bewusst versucht, Familien zu finden, die ein bisschen skeptisch sind, die das vermeiden wollen, die Risiken sehen, mit der Überlegung, dass das möglicherweise ja einen zentralen Unterschied macht dann im Sozialisationsverlauf. Und da würde man eher annehmen, dass die mit der Vermeidung eher quasi dann vielleicht mehr mit Verboten arbeiten und die Kinder dann wesentlich später auf die sozialen Plattformen landen oder gar nicht. Und umgekehrt bei denen, die vielleicht eher Affinitäten haben, dass da gezielte Förderung stattfindet oder Co-Using oder sowas und die Kinder da sehr gepusht werden. Und das war zum Beispiel schon ein interessanter Punkt, dass also die Unterschiede dann doch gar nicht so groß waren. Also auch Eltern, die da eher skeptisch waren, deren Kinder sind genauso auf den sozialen Plattformen dann letztendlich gelandet und hatten dann auch ihre eigenen Smartphones und sowas zum Beispiel. Und bezogen auf die anderen Aspekte gab es natürlich auch wichtige Unterschiede. Also das ging eben bei der Familienkonstellation. Wir hatten auch Alleinerziehende drin. Auch natürlich in dem Verlauf gab es auch Veränderungen dahingehend, dass sich irgendwie auch Eltern getrennt haben oder dass da vielleicht ein neuer Partner dazugekommen ist oder dergleichen. Auf alle Fälle. Oder auch was die Schularten anbelangt. Aber wir haben jetzt bewusst keinen großen Unterschied gemacht beim sozioökonomischen Status, weil es tatsächlich auch hier im Haus mit Frau Paus-Hasebrink da speziell auch schon eine Langzeitstudie gab zu den sozial benachteiligten Familien. Deswegen war unser Sample jetzt da ein anderes gelagert. Auf alle Fälle. Kristina Kobrow: Ihr habt nicht nur die beiden Publikationen, die wir jetzt schon genannt haben, veröffentlicht, sondern es gab zum Beispiel auch noch zwei Videos, die sind auf YouTube verfügbar. Und die verlinken wir hier auch nochmal in den Shownotes. Und in diesem Video oder den beiden Videos geht es um zwei Kinder, nämlich um Lea und Max. Katrin, kannst du vielleicht nochmal was sagen, gibt es überhaupt Unterschiede bei den Geschlechtern, bei den Medien, die sie nutzen? Katrin Potzel: Also das sehen wir durchaus, dass sich Kinder natürlich, also erst mal unabhängig vom Geschlecht, Kinder interessieren sich für ganz unterschiedliche Themen und für ganz unterschiedliche Aspekte in der Mediennutzung. Also manche spielen vielleicht lieber Videospiele, manche finden Social Media spannender. Aber was wir schon auch sehen, sind so gewisse Geschlechtereffekte, die sich da zeigen. Also so eine gewisse Art von stereotyper Nutzung, also dass sich zum Beispiel Jungen häufiger mit Computerspielen irgendwie assoziieren und Mädchen dann eher in einen kreativeren Nutzungsbereich vielleicht auch gehen. Oder auch eher in die Richtung Social Media. Das sehen wir durchaus im Sample. Und das verändert sich natürlich so ein bisschen über die Zeit. Also vor allem in den jungen Jahren nutzen Kinder vermehrt eben auch altersangemessene oder für das Alter geeignete Medienangebote. Also eher Kinderserien oder für Kinder ausgelegte Spiele. Und das verändert sich natürlich auch sukzessive mit dem Alter hin zu Angeboten, die eben eher an eine ältere Zielgruppe ausgerichtet sind oder vielleicht sogar eben an Erwachsene. Also sowas wie Ü18-Spieletitel natürlich, aber auch Social Media-Angebote sind ja primär nicht für Kinder und Jugendliche konzipiert, sondern primär für Erwachsene. Und auch daran orientieren sich aber dann Kinder und Jugendliche vermehrt. Kristina Kobrow: Und hängt das auch zum Beispiel mit Algorithmen dann zusammen? Also mit den Feeds, die ich quasi angeboten bekomme und die ich sehe, dass das meine Interessen eben so auch lenkt? Oder wie entstehen diese Stereotypen? Aber ich finde das wirklich interessant, dass man das schon auf eine Art und Weise so ausdifferenzieren kann. Katrin Potzel: Also klar spielen die da auch mit rein. Ich würde erstmal tatsächlich noch die Peers als wichtigere Quelle sehen. Denn wenn die Freundinnen zum Beispiel Computerspiele spielen, dann ist das für das Kind vielleicht auch viel mehr von Interesse. Und wenn es da schon mal eine Abgrenzung irgendwie davon gibt, dann würden wir sagen, dann ist es auch sehr viel unwahrscheinlicher, dass sich die Kinder dafür zum Beispiel interessieren. Vielmehr ist es dann so, dass Kinder, wenn sie sich natürlich für ein Thema interessieren, dann durch Algorithmen auf Social Media auch mehr Inhalte zu diesem Thema vorgeschlagen bekommen. Und wir sehen auch, dass unsere Jugendlichen vor allem teilweise dann versuchen, gezielt mit den Algorithmen auch zu interagieren, also Sachen liken, die ihnen eben dann gefallen und dann vielleicht auch vermehrt dazu Inhalte vorgeschlagen bekommen oder dann eben auch andere Sachen disliken oder wegwischen oder sie vielleicht sogar melden, wenn sie sich für unangemessen erachten. Und dann eben da versuchen sie sich auch ja selber so eine Medienumgebung zu schaffen, in der sie gut und ja sicher agieren können und andererseits dann eben auch Inhalte angezeigt bekommen, die sie eben interessieren. Kristina Kobrow: Du möchtest was ergänzen, Claudia, oder? Claudia Lampert: Nee, gar nicht. Ich finde, Katrin hat das sehr gut beschrieben. Also es war mit Social Media eigentlich so, dass es da immer so die Differenzierung gab zwischen so freundschaftsgetriebener Nutzung, so friendship-driven und interest-driven. Das waren so die zwei Motive, weshalb man sich zu sozialen Medien zugewandt hat. Und das hat sich jetzt tatsächlich nochmal dann durch die verstärkte Verbreitung von KI nochmal dahingehend entwickelt, was Katrin gerade beschrieben hat, dass dann diese, gerade auch so diese interessensgeleitete Nutzung verstärkt hat oder da entsprechende Inhalte angezeigt werden. Kristina Kobrow: Wenn du jetzt schon KI nennst, dann können wir ja darauf auch nochmal zu sprechen kommen. Der zweite Band, da habt ihr die Daten erhoben in, oh Gott, das war 2022 und 2023, richtig? Das heißt, da gab es zum Beispiel gerade mal so ChatGPT. Ich glaube, ChatGPT kam im März hier in Deutschland auf den Markt. Ist das richtig oder war das November sogar? Katrin Potzel, Claudia Lampert und Rudolf Kammerl: Im Herbst. November. Kristina Kobrow: Dann war es November. Also war ganz frisch quasi da. Könnt ihr da schon was zu sagen in euren Daten? Ist es als ein wirklich eigenständiger Akteur schon aufgefallen? Damit meine ich jetzt nicht nur ChatGPT, damit meine ich tatsächlich generell KI oder nicht, Rudolf? Rudolf Kammerl: Genau, also man hatte da ganz unterschiedliche Perspektiven im gesellschaftlichen Diskurs. Also inwiefern KI jetzt ein eigener Akteur ist, ob es da vielleicht irgendwann in Richtung Superintelligenz eine Entwicklung gibt oder eben grad nicht. Und die Daten oder die Beispiele, die wir in den Daten haben, die zeigen, dass es durchaus bei der älteren Kohorte also schon schnell ankam. Kristina Kobrow: Das sind jetzt die 15-Jährigen? Rudolf Kammerl: Genau, die 15-Jährigen. Also die hatten dann eben schon experimentiert mit ChatGPT und haben natürlich auch mit anderen KI-Funktionen ja schon Kontakt gehabt. Und die stellen aber schon auch fest, dass quasi eben die Qualität fluktuativ ist. Also dass manchmal ganz vernünftige Sachen bei rumkommen, aber manchmal halt auch nicht. Und dass eben ChatGPT oder andere Anwendungen nicht unbedingt jetzt superintelligente Akteure sind, aber auch nicht mal immer verlässliche Werkzeuge, sondern dass das halt so ein bisschen ambivalent ist. Und das hat sich so ein bisschen widergespiegelt in den Interviewpassagen, dass sie diese Erfahrung machen. Und entsprechend eben auch, gerade wenn sie eben auch aus einem entsprechenden Bildungshintergrund kommen, schon merken, dass sie selber auch überprüfen müssen, die Ergebnisse, die zum Beispiel da rauskommen. Ich würde es aber nicht verallgemeinern, sondern wie gesagt, das lag tatsächlich halt so an unserem Sample. Kristina Kobrow: Was würdet ihr denn prognostizieren? Also wenn wir jetzt nochmal auf KI gehen. Du hattest Rudolf jetzt die 15-Jährigen genannt, aber meint ihr, ich weiß, ihr wisst es nicht, aber vielleicht habt ihr da schon eine Hypothese oder eine Annahme, dass das jetzt in ein paar Jahren tatsächlich auch viel jüngere Kinder sind und dass sich das Familiengefüge da tatsächlich nochmal verändert? Rudolf Kammerl: Genau, davon gehen wir fest aus. Das ist also gerade auch, wenn man jetzt an die Anwendungen denkt, die man ja auch schon in unserer Studie bei den Jüngeren sieht, dass zum Beispiel halt auch Sprachassistenten verwenden, dann kann man jetzt bei unserem Erhebungszeitraum auch noch sagen, ja, die scheitern aber durchaus öfters dran, weil sie vielleicht Begriffe nicht richtig aussprechen oder weil ja eben jetzt dann Siri und Co. halt nicht so perfekt ist, dass sie tatsächlich immer alles genau verstehen. Und wir würden jetzt prognostizieren, glaube ich, dass das eben durch die Integration von mehr KI-Power zunehmend besser wird und dann eben auch früher Jüngere schon eben dann auch in der direkten sprachlichen Kommunikation dann KI-Assistenten wählen. Und die Frage ist tatsächlich natürlich auch, in welcher Ausprägung das dann geht. Also ob das tatsächlich dann eine Entwicklung nimmt, in der dann vielleicht eben dann KI quasi ein zunehmender zusätzlicher Familienmitglied ist oder ob das dann eher in so eine integrierte Richtung geht, dahin gehend, dass ja Familienmitglieder mithilfe von KI quasi mit anderen Familienmitgliedern Textnachrichten oder Sprachnachrichten verschicken oder den Haushalt organisieren und das dann zunehmend diese Grenze zwischen menschlichen Akteuren und künstlichen Akteuren verwischt und verschwimmt. Das könnte auch sein. Und das ist sicherlich noch spannend, auch vor allem mit der Frage, welche Vorstellungen entwickeln dann Kinder eigentlich über diese KI-Systeme, über Technologie? Welche Fehlvorstellungen natürlich auch. Du hattest ja auch die mögliche Beziehungsdynamik angesprochen. Da kann man sich natürlich auch Mögliches vorstellen, dass man irgendwie vielleicht sich dann auch irgendwann Familienassistenten überlegt, die, was weiß ich, vielleicht auch therapeutisch agieren sollen oder sowas. Kristina Kobrow: Als Mediatoren. Rudolf Kammerl: Als Mediatoren oder denen man quasi eben mangels Wissen vielleicht auch solche Fähigkeiten einfach zuschreibt, obwohl sie es gar nicht haben. Kristina Kobrow: Das könnte man sicherlich schon jetzt machen, oder? Rudolf Kammerl: Genau. Und unsere Beobachtung ist, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, je niedriger die eigenen Kompetenzen sind. Also je weniger Kompetenzen ich habe oder je weniger Wissen habe, umso eher bin ich geneigt, dann einer KI, die halt dann genauso gut oder schlecht ist wie ich, also ein bisschen besser, ist man geneigt, dann der tolle Fähigkeiten zuzuschreiben. Und jemand, der vielleicht selber ein bisschen mehr Erfahrung und mehr Vorwissen mitbringt, der entdeckt dann schneller quasi die Grenzen dieser Fähigkeiten. Claudia Lampert: Ich glaube auch, das wird noch ganz spannend werden, weil vor ein paar Jahren, also vor Corona, hatten wir so dieses Thema auch Internet of Toys gehabt. Also wo wir uns im anderen Kontext damit befasst haben, wie eigentlich schon auch neue Technologien in Spielzeuge eingebettet sind, in Teddybären, in Puppen und so weiter. Es gab die Hello Barbie, mit der man auch quasi schon interagieren konnte in gewissem Maße, die aber in Deutschland verboten war. Und wir hatten auch Cayla, eine sprechende Puppe, die dann auch als illegale Abhöranlage klassifiziert wurde, wo Eltern aufgefordert wurden, wenn sie so eine Puppe im Haushalt haben, vernichten sie diese, weil man sich sonst strafbar macht, weil ja unklar war, wo die Daten eigentlich gespeichert werden und Kinder da abgehört werden und so weiter. Und dann wurde es so ein bisschen ruhiger, also weil es dann eigentlich außer im pädagogischen Bereich, also mit Lernrobotern und so was, dann nichts mehr gab. Aber mein Eindruck ist, dass da eine große Welle auf uns zukommen wird, wo es wieder verstärkt versucht wird, dann KI eben auch in bestimmte Produkte einzubauen, eben wie zum Beispiel Puppen oder Teddybären oder ähnliches, um diese Möglichkeiten, die Rudolf gerade angesprochen hatte, nämlich, dass ich sprachlich interagieren kann, einfach noch weiter auszubauen oder eben dann auch für jüngere Zielgruppen zugänglich zu machen. Da bin ich sehr gespannt. Aber ich meine neulich gelesen zu haben, dass Barbie sich schon wieder auf den Weg gemacht hat. Kristina Kobrow; Ich würde gerne noch fragen, ganz generell wird ja im öffentlichen Diskurs sehr viel diskutiert. Wie steht es um ein Smartphone-Verbot in Schulen? In manchen Bundesländern wurde das auch schon durchgesetzt. Wie steht ihr dazu? Angefangen bei dir, Rudolf. Rudolf Kammerl: Also ich glaube, dass da die Diskussion eigentlich an der falschen Stelle ansetzt. Denn unter der Perspektive von Enkulturationshilfe wäre es ja eigentlich doch fast idealer, wenn es ein Smartphone-Verbot in den Privathaushalten gäbe und man ausschließlich durch geschulte Pädagogen die Kinder vorbereitet auf ein Leben in der digitalen Welt. Also umdrehen wäre eigentlich möglicherweise vielleicht sogar die idealere Welt, wenn man sich was wünschen darf. Kristina Kobrow: Aber gelingt sowas? Rudolf Kammerl: Nee, natürlich nicht. Und umgekehrt aber auch nicht. Was bringt das Smartphone-Verbot an Schulen? Ich denke, dass es gar nichts bringt. Ehrlich gesagt, im Gegensatz. Vielleicht schadet es mir erst, dass es nutzt. Weil die zentrale Fragestellung ist doch eigentlich, also wie gelingt es, dass eben Kinder, Jugendliche sicher gut aufwachsen mit digitalen Medien, sodass sie dann später im Leben selber zurechtkommen, dass sie die Chancen nutzen, dass sie die Risiken vermeiden, dass wir insgesamt als Gesellschaft tatsächlich auch uns so entwickeln, dass wir halt irgendwie die Chancen ergreifen und unsere Demokratie im positiven Sinne weiterentwickeln, innovativ sind und dergleichen. Und die ganzen Gefahren dann gut reduzieren und vermeiden können. Und das entwickelt sich nicht von selber. Da brauchen Kinder, Jugendliche eine Begleitung, eine qualifizierte. Da müssen Erwachsene Reflexionsanlässe schaffen. Da müssen Erwachsene Hilfestellungen geben. Und deshalb ist es eigentlich total wichtig, dass das eben auch in Schulen passiert. Also da ist die schulische Medienbildung gefragt. Und ich habe den Eindruck, dass also dieses Smartphone-Verbot so ein bisschen das vermeintliche Efeu-Blättchen ist, wo man sich da irgendwie vielleicht wegdrückt und dass irgendwie das Thema irgendwie halt den Lehrkräften einfach irgendwie ein Unwohlsein bereitet. Und die stehen vielleicht davor wie von einer Klapperschlange oder irgendeinem anderen giftigen Tier und versuchen das zu vermeiden und wollen es einfach wegdrücken. So und was passiert, wenn es aber keine schulische Medienbildung gibt? Naja, also viele kriegen dann halt überhaupt keine Unterstützung, weil die Eltern das vielleicht nicht leisten können. Und ja, dann geht es einfach weiter mit dem Digital Divide, also der sozialen Spaltung. Dahingehend, dass halt wir Familien haben, wo es tatsächlich eben das gelingt, weil die Eltern vielleicht einen Bezug haben, dass sie eine Hilfestellung geben. Aber ein großer Teil der Jugendlichen heute, da gelingt es halt nicht. Und da gibt es ja auch internationale Vergleichsstudien, beispielsweise die ICILS 23, die gezeigt hat, dass 40 Prozent der Achtklässler halt ungenügende digitale Kompetenzen haben und halt so ein bisschen runterfallen. Und das können wir uns, glaube ich, gesellschaftlich halt nicht leisten, dass also der Anteil derer, die halt irgendwie mit so wenig Kompetenzen dann in die digitale Welt entlassen werden, dass der so hoch ist. Kristina Kobrow: Und warum ist das so? Da muss ich nochmal nachfragen bei der Studie. Also ging es da um Schüler, die eben kein Smartphone in der Schule benutzen? Rudolf Kammerl: Ja, da ging es auch um die Mediennutzung in der Schule, aber auch speziell um die Frage, inwiefern gezielt versucht wird in den Schulen, also Kompetenzen bei den Schülern zu fördern. Und als Beispiel eben, dass die Fähigkeit zu überprüfen, ob eine digitale Information ein Wahrheitsgehalt hat. Und Deutschland ist im internationalen Vergleich also das Land, wo am wenigsten gezielt versucht wird, diese Kompetenzen zu fördern. Und das ist das Problem. Und das, denke ich, wird halt eben mit in der Diskussion um das Handyverbot halt eigentlich verschleiert. Man versucht einfach, das Thema aus der Schule draußen zu lassen und macht halt dann vielleicht noch irgendwie den klassischen Frontalunterricht mit Hilfe von Beamer und dann digitalen Tafeln. Aber dass man sich wirklich Gedanken macht, also wie kann ich eigentlich die Medienkompetenz, die Medienkritikfähigkeit fördern, das passiert zu wenig. Und deshalb sage ich, also die Diskussion geht eigentlich an den Kernfragen vorbei und das Handyverbot bringt, wenn es tatsächlich eben dann das Thema damit dann abgelegt wird, halt nichts Gutes, sondern führt eben dazu, dass dieser digitale Spalt, sich weiter öffnet und viele Heranwachsende dann einfach in Risiken ausgesetzt sind, weil sie halt eben da nicht ausreichende Kompetenzen haben. Katrin Potzel: Ich würde auch sagen, es geht auch an der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen eigentlich vorbei, so ein Verbot. Weil sie nutzen ja trotzdem Smartphones. Das ist ja das, was du gerade auch schon thematisiert hattest. Dann müsste man es eher in den Haushalten verbieten. Aber das wird ja nicht passieren. Also Kinder und Jugendliche werden ja weiter zu Hause, aber auch im Kontext zum Beispiel von Peers, digitale Medien nutzen und da eher an den Schulen anzusetzen und entsprechende Kompetenzen eben zu fördern, wäre an der Stelle eben total wichtig. Nicht dieses, okay, wir schieben das Problem einfach weg von uns, sondern wirklich, wir nehmen uns diesem Problem auch an und thematisieren mit Jugendlichen, was passiert denn eigentlich, wenn irgendwie Cybermobbing passiert in unserer WhatsApp-Klassengruppe oder was ist, wenn jemand eine falsche Nachricht über mich verbreitet? Wie kann ich damit umgehen als Kind oder Jugendlicher? Und das dann in den Schulen lieber aufzugreifen und zu gucken, wie kann ich Kinder und Jugendliche eben auf eine zukünftige Welt vorbereiten? Das wäre, finde ich, der wichtigere Ansatzpunkt. Kristina Kobrow: Also das Medium Smartphone gar nicht als Problem an sich betrachten, sondern erstmal als Möglichkeit, die man so oder so ausschöpfen kann. Katrin Potzel: Genau, richtig. Claudia Lampert: Absolut. Und wir würden wahrscheinlich hier alle drei uns eher dem Claim verpflichtet fühlen, „Keine Bildung ohne Medien“. Das ist eine Initiative, die 2010 gestartet ist und gesagt hat, nee, wir müssen uns ganz dringend eben mit der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen im schulischen Kontext auseinandersetzen, eben um die Medienkompetenz zu erhöhen. Und ich würde Rudolf da sehr beipflichten, dass es wirklich so wirkt als so ein Totschlagargument, es nicht tun zu müssen, dass man sagt, wir verbieten jetzt Handys an der Schule. Aber das übersieht eben auch den Punkt, dass es ja schon zu so einer Art von Entgrenzung kommt oder zumindest so, dass die Lebensbereiche eben auch schon so digital miteinander verwoben sind, dass es aus meiner Sicht auch schwierig ist zu sagen, okay, wir schaffen jetzt so eine medienfreie Zone in der Schule und damit haben wir dann auch quasi alle damit verbundenen Herausforderungen und Probleme nicht mehr. Das ist aus meiner Sicht ein Trugschluss und im Gegenteil, ich finde Schule ist da wirklich in der Verantwortung und ein ganz zentraler Akteur, wenn es um die Vermittlung von Medienkompetenz geht. Kristina Kobrow: Dann kommen wir vielleicht abschließend nochmal direkt zu eurem Projekt zurück. Die Bücher, die habe ich jetzt mehrmals ja auch schon angesprochen, die gibt es natürlich nachzulesen. Die verlinken wir hier auch nochmal in den Shownotes. Könnt ihr nochmal sagen, was gibt es noch? Es gibt ja noch jede Menge mehr, was man sich anschauen kann, unter anderem die Website, oder? Katrin Potzel: Genau, auf unserer Website haben wir auch unter anderem gesammelt, was wir natürlich veröffentlicht haben und auch, was wir da herausgefunden haben. Also es finden sich auch Ergebnisse, vereinfacht für zum Beispiel Eltern, dass sie dort nochmal nachlesen können, konkret, wenn sie sich für das Thema Medien und Kinder interessieren und Aufwachsen. Was wir aber auch gemacht haben, ist sowas wie ein Zeitstrahl mal zu bauen, den man dann online findet, wo wir die letzten zehn Jahre dargestellt haben, wie hat sich denn eigentlich die Medienumgebung verändert? Wie hat sich die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen verändert? Was waren prägnante Themen, die vielleicht auch in den letzten zehn Jahren aufkamen? Das haben wir da einmal auch gesammelt. Wir haben aber auch aus unseren Ergebnissen und unseren Forschungsmethoden medienpädagogisches Praxismaterial erstellt. Also es finden sich zum Beispiel die Medientagebücher, die wir zur Erhebung eingesetzt haben, online, aber in abgewandelter Form und auch mit Anleitungen, sodass man die wirklich auch in die pädagogische Praxis transferieren kann, dass man das aber zum Beispiel auch im Familienkontext einfach machen könnte. Kristina Kobrow: Die kann man runterladen? Katrin Potzel: Genau, die finden sich einfach als PDF frei zur Verfügung bei uns online. Es finden sich Poster, Plakate, die man gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen erarbeiten kann. Also wirklich ein ganz, ganz großer Schatz an Materialien, die alle frei verfügbar sind und die man einfach unter conkids.de runterladen kann oder sozialisation.net, da findet man das Ganze auch. Und da freuen wir uns über jeden, der da vorbeischaut und der sich für diese Materialien interessiert und die vielleicht auch in seinem Unterricht einerseits, also es könnte was für Lehrkräfte sein, aber zum Beispiel auch in der freien Medienarbeit, in der Praxisarbeit eingesetzt würden oder wie schon gesagt, auch einfach in der Familie. Wenn Eltern sagen, ich habe Lust, mich gemeinsam mit meinem Kind mal mit Mediennutzung auseinanderzusetzen und mit Medienthemen in unserem Alltag, dann ist das auch eine super Möglichkeit, um einfach ins Gespräch miteinander zu kommen. Kristina Kobrow: Also conkids.de und sozialisation.net sind die wichtigen Adressen, die du, Katrin auch grad schon genannt hast. Ich danke euch dreien dafür, dass ihr hier wart und danke euch für das Teilen eure Ergebnisse und wünsche euch noch einen schönen Tag. Bis bald! Claudia Lampert, Katrin Potzel und Rudolf Kammerl: Bis bald. Bis bald. Tschüss.